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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Innovation für die Verpackungssortierung. Neues Forschungsvorhaben "Tasteful"

Verpackungsmüll reduzieren und nachhaltig wiederverwenden: Ein Konsortium aus drei Forschungseinrichtungen und zwei Unternehmen entwickelt unter dem Projektnamen „Tasteful“ ein System, um Verpackungen sortenrein zu trennen.
Tasteful: Das BMBF-Forschungsprojekt „Tasteful“ hat die Optimierung von Technologie im Rahmen der Verpackungssortierung zum Ziel. Foto: Jörg Woidasky

In den kommenden zwei Jahren wird das Konsortium an dem Forschungsvorhaben arbeiten. Neben der Hochschule Pforzheim sind das Freiburger Start-Up Polysecure GmbH, die HD Vision GmbH, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie das Fraunhofer-Institut IGCV weitere Projektpartner.

"Die Optimierung dieses Sortierverfahrens lässt einen Innovationssprung für die Kreislaufwirtschaft erwarten, mit dem zukünftig effizient und verlässlich hohe Recyclingraten erreicht werden können."
Professor Jörg Woidasky, HS Pforzheim, Experte für nachhaltige Produktentwicklung

Seit fast dreißig Jahren trennt Deutschland Verpackungen, sammelt sie getrennt und verwertet sie so hochwertig wie möglich. Doch trotz dieser Anstrengungen im Bereich der Mülltrennung wird derzeit von den mehr als drei Millionen Tonnen Kunststoff-Verkaufsverpackungen in Deutschland noch nicht einmal die Hälfte recycelt, der Rest wird meistens verbrannt. Der Anteil recycelter Kunststoffe zur Herstellung neuer Kunststoffverpackungen in Deutschland liegt nur bei etwa 14 Prozent, in Europa sogar nur bei sechs Prozent – aus Sicht vieler Menschen, der Politik und auch der Forschung ist das viel zu gering.

Hier setzt ein neues Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) an: „Tracer Based Sorting – Effizient und Flexibel“ (kurz „Tasteful“) hat die weitere Erhöhung der Effizienz und Praktikabilität der Tracer-Based-Sorting-Technologie zum Ziel. „Die Optimierung dieses Sortierverfahrens, also die verlässliche Erkennung des Sortierguts durch Objekterkennung auf Basis Künstlicher Intelligenz in Kombination mit Tracer-Detektion, lässt einen Innovationssprung für die Kreislaufwirtschaft erwarten, mit dem zukünftig effizient und verlässlich hohe Recyclingraten erreicht werden können“, bewertet Professor Jörg Woidasky, Experte für nachhaltige Produktentwicklung an der Fakultät für Technik, den Forschungsansatz.

Das Forschungsministerium des Bundes fördert in seinem Programm „KMU innovativ –Ressourceneffizienz“ mittelständische Unternehmen, die mit ihren innovativen Ideen zur Umweltentlastung und Kreislaufschließung beitragen. Hierzu gehört auch das junge Technologieunternehmen Polysecure GmbH aus Freiburg. Es entwickelt fluoreszierende, anorganische Marker (im englischen Tracer genannt), die die Verpackungssortierung und damit das Recycling revolutionieren können.

Schematische Darstellung des Tracer-Based-Sorting-Prozesses. 1.) Verpackung mit fluoreszierenden Tracern markieren; 2.) Stoffstrom vereinzeln; 3.) Anregung, Detektion und Klassifikation der Tracer; 4.) Ablegen in definierten Fraktionen und darauf folgende Wiederverwertung; Grafik: Polysecure GmbH

Verpackungsabfälle lassen sich nach dem Stand der Technik mit Sortierverfahren unter Nutzung von Reflektionsspektroskopie im nahen Infrarot (NIR-Sorter) nurnach Kunststoffart (PP, PE, PS, PET)sortieren,was einen erneuten qualitativ hochwertigen Einsatz verhindert. „Eine vollständige Kreislaufführung wird erst durch eine Differenzierung nach weiteren Kriterien, z.B. Lebensmittel-Anwendungen wie Joghurtbecher versus Nicht-Lebensmittel-Anwendungen wie Körperpflegeprodukteoder sogar nach Herstellern möglich“, so Dr. Frank Fuchs, Projektkoordinator. „Durch unsere Tracer können Brands in Zukunft Packstoffe in bekannter Qualität und Menge wieder zurückerhalten und erneut einsetzen.“ Beim Tracer-Based-Sorting erhalten Kunststoff-Verpackungen durch Tracer einen ihrer technischen Spezifikationsklasse entsprechenden Sortiercode. Hierzu werden die anorganischen Tracer-Substanzen entweder in den Packstoff eingearbeitet oder durch herkömmliche Druckverfahren auf die Verpackung oder das Etikett aufgebracht. Nach optischer Anregung der Tracer fluoreszieren diese richtungsunabhängig und charakteristisch. Diese optische Signatur kann selbst im Abfallstrom gut detektiert werden. Keine andere Technologie bietet derzeit eine vergleichbare Verlässlichkeit und Effizienz für die kreislaufwirtschaftliche Sortierung von Abfällen. In Verbindung mit Objekterkennung auf Basis Künstlicher Intelligenz soll diese Technologie nun optimiert werden.

Bei spezifischer Anregung wird der Verpackungstyp über die Fluoreszenz des Tracers eindeutig identifiziert. (Foto: HS Pforzheim / Polysecure GmbH)

Im Verbund mit den Forschungspartnern verfolgt die Hochschule Pforzheim das Ziel, schnell anwendungsreife Lösungen für die Sortierung bereitzustellen. Hierzu stellt das Unternehmen HD Vision Systems aus Heidelberg optische Systeme bereit, die bisher ausschließlich für industrielle Identifikationsaufgaben der Qualitätssicherung und Robotersteuerung eingesetzt wurden. Die Bildauswertung wird durch das Fraunhofer IGCV aus Augsburg sichergestellt. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt gemeinsam mit der Polysecure GmbH neue Tracer-Substanzen und die Hochschule Pforzheim führt abfallwirtschaftliche Untersuchungen durch und unterstützt den Markteintritt der Tracer-Based-Sorting-Technologie. Die Arbeiten des Konsortiums begannen im Februar 2021 mit einem gemeinsamen Projekttreffen und werden rund zwei Jahre dauern.

pm/tm

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