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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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ifo: Mindestlohn-Erhöhung zum 1. Oktober heizt die Inflation weiter kräftig an

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steigt zum 1. Oktober 2022 von 10,45 auf 12 Euro brutto je Stunde, die Mini-Job-Grenze erhöht sich auf 520 Euro. Das bringt viele Unternehmen dazu, ihre Preise zu erhöhen, so das Ergebnis der Konjunkturumfrage des Ifo-Instituts. Die Erhöhung betreffe Unternehmen in fast allen Wirtschaftszweigen.
Unter den vom ifo-Institut befragten Wirtschaftszweigen ist die Gastronomie zu fast 80 Prozent von der Mindestlohn-Erhöhung betroffen. ©TimDouglas

Von Gerd Lache | 10.09.2022

„Ein armutsfester Mindestlohn ist eine Frage der Leistungsgerechtigkeit und des Respekts vor ehrlicher Arbeit“, sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Ein Mindestlohn von 12 Euro sei auch aus ökonomischer Sicht von Vorteil: „Damit stärken wir die Kaufkraft und geben einen wichtigen Impuls für die wirtschaftliche Erholung.“

Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) betrifft die Mindestlohn-Erhöhung rund 22 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse. Das sind etwa doppelt so viele wie bei der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015. Profitieren werden dem IAB zufolge vor allem Beschäftigte in Mini- und Teilzeitjobs sowie Neueinsteiger.

©Bundesregierung

Unter den von ifo befragten 6900 Firmen sind in der Gastronomie 78 Prozent betroffen, im Beherbergungssektor 65,1 Prozent der Betriebe. In der Zeitarbeit bezahlen derzeit 63,5 Prozent der Firmen unter dem neuen Mindestlohn, im Landverkehr 46,7. Überdurchschnittlich betroffen sind auch der Einzelhandel mit 57,9 Prozent, die Textilindustrie mit 71,9 Prozent und die Nahrungs- und Genussmittelindustrie mit 61,4 Prozent der Unternehmen.

Von den teilnehmenden Unternehmen der ifo-Umfrage beschäftigen 30,7 Prozent Mitarbeitende für weniger als 12 Euro pro Stunde. 58,3 Prozent planen als Reaktion auf die Erhöhung des Mindestlohns, ihre Preise hochzusetzen. „Das dürfte die ohnehin schon große Inflation weiter antreiben“, sagt ifo-Arbeitsmarktexperte Sebastian Link.


Preiserhöhungen seien die am häufigsten genannte Folge. Nur 12,7 Prozent der betroffenen Unternehmen planen aufgrund der Erhöhung Stellen abzubauen. 82,7 Prozent wollen die Zahl der Beschäftigten gleich halten, und 5,1 Prozent möchten sie sogar erhöhen.
Die durchschnittliche Arbeitszeit der Beschäftigten wollen 18,3 Prozent der betroffenen Unternehmen verringern, 17,6 Prozent denken über Kürzungen bei zusätzlichen Lohnbestandteilen wie Sonderzahlungen, Boni und geldwerten Vorteilen nach.

Außerdem wollen die betroffenen Unternehmen ihre Investitionen sowie Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen eher zurückschrauben (21,3 Prozent und 11,1 Prozent) als ausbauen (4,7 Prozent und 5,0 Prozent). „Die große Mehrheit der betroffenen Unternehmen plant demnach nicht, die teurer gewordenen Arbeitskräfte durch Kapital zu ersetzen oder in das Wissen der Beschäftigten zu investieren, um deren Produktivität zu steigern“, sagt Link.

ifo-Arbeitsmarktexperte Dr. Sebastian Link. ©ifo


Viele Befragte vermuten, dass sich ihre Einkaufspreise in Folge der Mindestlohnanhebung erhöhen werden. Von den direkt betroffenen Unternehmen erwartet dies knapp die Hälfte (49,4 Prozent), unter den nicht direkt betroffenen Unternehmen beläuft sich dieser Anteil auf 29 Prozent.

Ferner rechnen 52,8 Prozent mit schrumpfenden Gewinnen, 32,4 Prozent mit abnehmender Wettbewerbsfähigkeit, und 23,3 Prozent mit weniger Nachfrage als Folge der Mindestlohnerhöhung.
Wie stark die Unternehmen von der Anhebung des Mindestlohnes betroffen sind, unterscheidet sich dem ifo zufolge stark nach Regionen. In Westdeutschland beschäftigen bisher 29,1 Prozent der teilnehmenden Unternehmen zu weniger als 12 Euro pro Stunde, im Osten jedoch 39,9 Prozent.

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