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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Hoher Dieselpreis hält Busunternehmen im Würgegriff

Die Busunternehmer in der Region befürchten schlimme Zeiten. Größtes Ärgernis: Der Diesel-Preis schießt durch die Decke und hält die Busfirmen im Würgegriff. Gleichzeitig droht ein Aderlass bei den Busfahrern.
Deutlich mehr Geld für den Busverkehr verlangen Richard Eberhardt aus Engelsbrand, Witgar Weber (Omnibusverband), Jim Engel (Linien in Mühlacker) und Thomas Balmer von Wöhrle aus Oberderdingen (von links). Foto: Thomas Meyer

Jim Engel, Geschäftsführer der gleichnamigen Gesellschaft Omnibusverkehr, der mit rund 100 Fahrern und 75 Fahrzeugen den Linienverkehr in Mühlacker versorgt, sagte am Montag in einem Gespräch im Pforzheimer Busbahnhof: „Wir haben massive Preissteigerungen beim Dieselkraftstoff zu verkraften, ab Mitte September ist kein Geld mehr da, die Mittel, die wir vom Verkehrsverbund für dieses Jahr erhalten, sind bereits weg.“

In dieselbe Kerbe schlug auch Richard Eberhardt, Chef des Busunternehmens aus Engelsbrand: „Die Benzinpreise sind extrem gestiegen, wir haben siebenstellige Mehrkosten, und da wir keinen Einfluss auf die Fahrpreise im Verbund Pforzheim-Enzkreis haben, brauchen wir endlich eine nachhaltige Erstattung für solche zusätzlichen Kosten.“ Die Firma Eberhardt hat 450 Mitarbeiter und setzt rund 160 Busse ein.

Schülerverkehr startet wieder

Von nächster Woche an läuft nach den Ferien auch wieder der umfangreiche Schülerverkehr. Noch mehr Kosten, sagten Eberhardt und Engel sowie Thomas Balmer, Geschäftsführer von Wöhrle Oberderdingen, der für Busverbindungen im Raum Bretten verantwortlich zeichnet. Nach Ausfällen in den Coronawellen komme nun die nächste Krise, so Eberhardt. Er machte sich für schnellere Anpassungen der Verträge zwischen Verkehrsverbund (VPE) und Busunternehmen stark.

„Dieses Jahr haben wir erst 85 Prozent der Geldmittel für 2021 erhalten“, sagte Richard Eberhardt. Buschef Jim Engel ergänzt: „Uns fehlt zurzeit eine halbe Million Euro in der Kasse.“

Der VPE soll helfen

Eberhardt blutet angesichts explosionsartig steigender Benzinpreise das Herz: „Wir sind seit bald 100 Jahren leidenschaftliche Dienstleister im öffentlichen Nahverkehr, und wir haben bisher kaum Ausfälle verzeichnet.“ Doch was tun, wenn die Zwickmühle noch keinen Ausweg verheißt? Nicht nur Diesel wird teurer, auch der Zusatzstoff AdBlue für die Abgasbehandlung koste jetzt deutlich mehr, so die Unternehmer. „Und mit Corona sind wir noch nicht durch“, warnte Eberhardt. Die Busfirmen hofften „auf Geld vom VPE“.

Wie die „Pforzheimer Zeitung“ berichtet hat, prüft VPE-Geschäftsführer Axel Hofsäß bereits Anträge von Unternehmen. Im Landkreis Calw haben zwei Firmen das Landratsamt angesprochen. Doch grünes Licht für höhere Zuschüsse angesichts der aktuellen Energiekrise müssen am Ende der Gemeinderat Pforzheim und der Kreistag des Enzkreises sowie die Kreisräte des Kreises Calw geben.

WBO fordert landesweiten Ausgleich der Mehrkosten

Solche Einzellösungen in jedem der 44 Stadt- und Landkreise im Südwesten sind so gar nicht nach dem Geschmack von Witgar Weber, dem Geschäftsführer des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO). „Die kommunalpolitischen Gremien können doch frühestens im Oktober oder gar erst am Jahresende über unsere Forderungen entscheiden“, sagte Weber. Das sei zu spät. Sein Verband habe versucht, mit Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) einen landesweiten Ausgleich der Mehrkosten zu erreichen. Doch Hermann habe die Forderung abgelehnt, so Weber – „dabei hat das Land doch Geld für den Nahverkehr.“

Mobilitätswende nicht ohne Busfirmen

Hermann wolle die Mobilitätswende. Aber ohne Unterstützung der Busfirmen werde er sein Ziel verfehlen, bis zum Jahr 2030 die Zahl der Fahrgäste zu verdoppeln. „Es sind vor allem Busse, die im ländlich geprägten Raum Baden-Württembergs die Fahrgäste befördern“, sagte Weber.

Noch ein Problem: „Wir rechnen damit, dass den Busfirmen künftig 60.000 Fahrer fehlen“, sagte WBO-Sprecherin Ulrike Schäfer. „Wir sind froh, dass wir Zuwanderer für den Fahrerjob gewinnen konnten“, sagte Richard Eberhardt. Europa müsse Abschlüsse in den Ländern anerkennen.

Ein PZ-news-Gastbeitrag von Ralf Steinert

Landkreis Calw macht es möglich: Am Wochenende kostenlos mit dem Bus fahren

Wie wichtig ein funktionierender Busverkehr für den eher ländlich geprägten Raum ist, hat der Landkreis Calw mit einer besonderen Aktion bewiesen: Vor Einführung des inzwischen als großen Erfolg gefeierten 9-Euro-Tickets hat der Kreis Calw den Menschen in seinem Gebiet das Angebot gemacht, am Wochenende das eigene Auto stehen zu lassen und stattdessen kostenlos und nachhaltig mit dem Bus unterwegs zu sein. Das einjährige Projekt geht noch bis Ende Oktober und hat das Ziel, den ÖPNV im ländlichen Raum attraktiver zu gestalten.

„Ein wachsendes Umweltbewusstsein und steigende Kraftstoffpreise sorgen dafür, dass viele Menschen ihr Mobilitätsverhalten überdenken“, sagt Landrat Helmut Riegger. „Mit dem Projekt haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit den ÖPNV als kostenlose und zeitgleich nachhaltige Alternative kennenzulernen.“ Die Zwischenevaluation im Mai hat eine Nachfragesteigerung von 20 Prozent gezeigt, was für den Erfolg des Projektes spricht. Das Angebot gilt nicht nur für die Einwohner des Landkreises, sondern auch für Gäste und Touristen. Es können alle Buslinien im Landkreis Calw genutzt werden sowie auch solche, die aus dem Landkreis heraus, jedoch innerhalb des VGC-Tarifgebiets verkehren.

Die Busse fahren samstags von 7 bis 22 Uhr und sonntags von 9 bis 22 Uhr. Das Angebot gilt auch für den Bedarfsverkehr, sogenannte „Rufbusse“. Diese sind im Fahrplan durch einen Telefonhörer gekennzeichnet und müssen eine Stunde vor der gewünschten Abfahrt unter der Telefonnummer (07051) 96 88 55 oder per App (bwegt Bus&Bahn) gebucht werden. Abrufbar sind alle derzeit gültigen Fahrpläne unter www.vgc-online.de/fahrplae.e-netz/fahrplaene/

Seit 2015 fördert das Land im Rahmen der Kampagne „Neue Mobilität bewegt nachhaltig“ das aufeinander abgestimmte Zusammenspiel verschiedener Transportmöglichkeiten – von Fahrrad, E-Auto, ÖPNV bis zu flexiblen Sharing-Angeboten. Der kostenlose Busverkehr am Wochenende im Kreis Calw zeigt, dass das Projekt „Neue Mobilität“ auch vor Ort ankommt. Mehr zur Kampagne auf www.neue-mobilitaet-bw.de. pm/tok

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