Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
09.02.2021
Ob Inhorgenta, Intersolar, Ispo, Internationale Handwerksmesse oder Expo Real, um nur einige zu nennen, – der Messe-Standort München ist auch für die Wirtschaftsakteure der Region Nordschwarzwald von großer Bedeutung. Doch seit dem Frühjahr 2020 hat die Corona-Pandemie das klassische Messegeschäft weltweit so gut wie unmöglich gemacht, erklärt Klaus Dittrich, Vorsitzender der Geschäftsführung. Demnach betrug die Gesamtausstellerzahl der Messe München 2020 weltweit rund 23.000. Wie es in einer Mitteilung heißt, konnten allein in Deutschland von den geplanten 15 Eigenveranstaltungen nur 6 tatsächlich als Präsenzmesse stattfinden, die Zahl der Aussteller belief sich auf 7.056 (-6 Prozent zu den Vorveranstaltungen) und 288.023 (-11 Prozent zu den Vorveranstaltungen) Besucher.
An den 15 Eigenveranstaltungen im Ausland, die als Präsenzmessen stattfinden konnten, waren knapp 500.000 Besucher und 10.747 Aussteller aktiv. Die 14 digitalen Eigenveranstaltungen, auf denen 583 Aussteller präsent waren, erreichten über 38.000 Unique User (Besucher).
Umsatzverlust mit dramatischen Auswirkungen
Der hochgerechnete Umsatz der Messe München GmbH liegt mit 94 Millionen Euro um 70 Prozent unter Plan (302 Millionen Euro). Dieser Umsatzverlust habe dramatische Auswirkungen auf die Wirtschaft der Region, denn jeder Euro Umsatz der Messe München GmbH erzeugt 10 Euros Kaufkraft bundesweit, so Dittrich. In Bayern sei schätzungsweise die Kaufkraft um 1,9 Milliarden Euro eingebrochen, 16.000 Arbeitsplätze könnten betroffen und geschätzt 179 Millionen geringere Steuereinnahmen die Folge sein.
Im Rekordjahr 2019 hatte sich die Messe München auf den fünften Platz der Messeveranstalter weltweit vorgearbeitet. „Es ist Glück im Unglück, dass die Pandemie uns in einer Position der Stärke getroffen hat“, so Dittrich. „Wir haben die guten Jahre genutzt, um unsere Strategie konsequent umzusetzen und unsere Angebote und Fähigkeiten weiterzuentwickeln.“ So sich im Corona-Jahr die Internationalisierung der Messe München positiv bemerkbar gemacht und die erfolgreichen Auslandsgesellschaften der Messe München hätten die Liquidität gestützt.
Die Messe München habe in den vergangenen Jahren die Digitalisierung systematisch vorangetrieben. Deshalb konnten laut Dittrich nach der Absage vieler Messen im Jahr 2020 in kürzester Zeit 14 digitale Veranstaltungen aufgesetzt werden, etwa die ISPO ReStart.Days, die Analytica virtual und die IFAT Impact.
Um den dramatischen Umsatzeinbrüchen entgegenzuwirken sei ein Effizienzprogramm mit 900 Einzelmaßnahmen aufgesetzt worden, mit dem eine Senkung der Sachkosten um 30 Prozent erreicht werden konnte.
„Aufgrund der anhaltenden Umsatzverluste müssen jetzt auch die Personalkosten gesenkt werden. Für den geplanten Abbau von ca. 170 Stellen wird gerade mit dem Betriebsrat über sozialverträgliche Lösungen verhandelt.“
Ende des bisherigen Geschäftsmodells
Für die Messe München sei zudem klar, dass es kein Zurück zum Geschäftsmodell vor Corona geben wird. Nicht nur die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Effekte der Pandemie würden nachhaltig sein, auch das Messegeschäft werde sich dauerhaft verändern.
Deshalb soll die Organisation für die neuen Herausforderungen fit gemacht werden. Konsequente Kundenorientierung, Agilität, Flexibilität und ein noch stärkerer Fokus auf die Digitalisierung seien die Ziele der anstehenden Restrukturierung.
Dittrich ist zuversichtlich: „Wir haben rasch und entschlossen reagiert – verbunden mit einigen konsequenten Entscheidungen – und haben deshalb gute Chancen, noch stärker aus der Pandemie herauszukommen. Im Zentrum steht die Weiterentwicklung unseres bisherigen Geschäftsmodells. Digitalisierung ist für uns heute keine reine Sache von Spezialisten mehr. Sie muss breit und tief im gesamten Unternehmen verankert werden. Hier sind wir im Markt sicher Vorreiter.“
Die Messe sei nicht mehr nur Vermieter von Hallenfläche, sondern Manager von Plattformen – in physischer Form auf einer Messe oder digital 365 Tage im Jahr. „Die Pandemie hat diesen Trend verstärkt: Wir stehen vor einem Umbruch, wie in den letzten Jahren das Mobiltelefon.“ Wie beim Smartphone müsse die Messe jetzt digitale Zusatzangebote schaffen, die „echten Mehrwert für unsere Kunden stiften“, sagt Dittrich und ist überzeugt: „Die gesamte Messewirtschaft steht vor einer großen kulturellen Veränderung.“ pm/gel
09.02.2021
Für die Messe München war das Jahr 2020 eine Vollbremsung auf der Überholspur.
Ob Inhorgenta, Intersolar, Ispo, Internationale Handwerksmesse oder Expo Real, um nur einige zu nennen, – der Messe-Standort München ist auch für die Wirtschaftsakteure der Region Nordschwarzwald von großer Bedeutung. Doch seit dem Frühjahr 2020 hat die Corona-Pandemie das klassische Messegeschäft weltweit so gut wie unmöglich gemacht, erklärt Klaus Dittrich, Vorsitzender der Geschäftsführung. Demnach betrug die Gesamtausstellerzahl der Messe München 2020 weltweit rund 23.000. Wie es in einer Mitteilung heißt, konnten allein in Deutschland von den geplanten 15 Eigenveranstaltungen nur 6 tatsächlich als Präsenzmesse stattfinden, die Zahl der Aussteller belief sich auf 7.056 (-6 Prozent zu den Vorveranstaltungen) und 288.023 (-11 Prozent zu den Vorveranstaltungen) Besucher.
An den 15 Eigenveranstaltungen im Ausland, die als Präsenzmessen stattfinden konnten, waren knapp 500.000 Besucher und 10.747 Aussteller aktiv. Die 14 digitalen Eigenveranstaltungen, auf denen 583 Aussteller präsent waren, erreichten über 38.000 Unique User (Besucher).
Umsatzverlust mit dramatischen Auswirkungen
Der hochgerechnete Umsatz der Messe München GmbH liegt mit 94 Millionen Euro um 70 Prozent unter Plan (302 Millionen Euro). Dieser Umsatzverlust habe dramatische Auswirkungen auf die Wirtschaft der Region, denn jeder Euro Umsatz der Messe München GmbH erzeugt 10 Euros Kaufkraft bundesweit, so Dittrich. In Bayern sei schätzungsweise die Kaufkraft um 1,9 Milliarden Euro eingebrochen, 16.000 Arbeitsplätze könnten betroffen und geschätzt 179 Millionen geringere Steuereinnahmen die Folge sein.
Im Rekordjahr 2019 hatte sich die Messe München auf den fünften Platz der Messeveranstalter weltweit vorgearbeitet. „Es ist Glück im Unglück, dass die Pandemie uns in einer Position der Stärke getroffen hat“, so Dittrich. „Wir haben die guten Jahre genutzt, um unsere Strategie konsequent umzusetzen und unsere Angebote und Fähigkeiten weiterzuentwickeln.“ So sich im Corona-Jahr die Internationalisierung der Messe München positiv bemerkbar gemacht und die erfolgreichen Auslandsgesellschaften der Messe München hätten die Liquidität gestützt.
Die Messe München habe in den vergangenen Jahren die Digitalisierung systematisch vorangetrieben. Deshalb konnten laut Dittrich nach der Absage vieler Messen im Jahr 2020 in kürzester Zeit 14 digitale Veranstaltungen aufgesetzt werden, etwa die ISPO ReStart.Days, die Analytica virtual und die IFAT Impact.
Um den dramatischen Umsatzeinbrüchen entgegenzuwirken sei ein Effizienzprogramm mit 900 Einzelmaßnahmen aufgesetzt worden, mit dem eine Senkung der Sachkosten um 30 Prozent erreicht werden konnte.
„Aufgrund der anhaltenden Umsatzverluste müssen jetzt auch die Personalkosten gesenkt werden. Für den geplanten Abbau von ca. 170 Stellen wird gerade mit dem Betriebsrat über sozialverträgliche Lösungen verhandelt.“
Ende des bisherigen Geschäftsmodells
Für die Messe München sei zudem klar, dass es kein Zurück zum Geschäftsmodell vor Corona geben wird. Nicht nur die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Effekte der Pandemie würden nachhaltig sein, auch das Messegeschäft werde sich dauerhaft verändern.
Deshalb soll die Organisation für die neuen Herausforderungen fit gemacht werden. Konsequente Kundenorientierung, Agilität, Flexibilität und ein noch stärkerer Fokus auf die Digitalisierung seien die Ziele der anstehenden Restrukturierung.
Dittrich ist zuversichtlich: „Wir haben rasch und entschlossen reagiert – verbunden mit einigen konsequenten Entscheidungen – und haben deshalb gute Chancen, noch stärker aus der Pandemie herauszukommen. Im Zentrum steht die Weiterentwicklung unseres bisherigen Geschäftsmodells. Digitalisierung ist für uns heute keine reine Sache von Spezialisten mehr. Sie muss breit und tief im gesamten Unternehmen verankert werden. Hier sind wir im Markt sicher Vorreiter.“
Die Messe sei nicht mehr nur Vermieter von Hallenfläche, sondern Manager von Plattformen – in physischer Form auf einer Messe oder digital 365 Tage im Jahr. „Die Pandemie hat diesen Trend verstärkt: Wir stehen vor einem Umbruch, wie in den letzten Jahren das Mobiltelefon.“ Wie beim Smartphone müsse die Messe jetzt digitale Zusatzangebote schaffen, die „echten Mehrwert für unsere Kunden stiften“, sagt Dittrich und ist überzeugt: „Die gesamte Messewirtschaft steht vor einer großen kulturellen Veränderung.“ pm/gel
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