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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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"Bettensteuer" ist mit Grundgesetz vereinbar

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am 18. Mai 2022 entschieden, dass die umstrittene Bettensteuer nicht nur mit dem Grundgesetz vereinbar ist, sondern ausgeweitet werden darf. Erleichterung auf der einen Seite, Unverständnis auf der andern.
Der deutsche Städte und Gemeindebund rechnet damit, dass nun weitere Städte und Gemeinden erwägen, eine Übernachtungssteuer zu erheben. Symbolbild: Hotelzimmer im Hohenwart Forum Pforzheim. Foto: Hohenwart Forum

Das höchste deutsche Gericht entschied, dass die örtlichen Übernachtungssteuern in Beherbergungsbetrieben, auch Bettensteuer, City-Maut oder Kulturförderabgabe genannt, mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Zudem kann die „Bettensteuer“ nun auch ausgeweitet werden. Bisher mussten nur privat reisende Hotelgäste diese spezielle Steuer in Höhe von rund fünf Prozent vom Nettopreis der Übernachtung zahlen – pro Person und Nacht. Künftig kann diese City-Maut auch bei Geschäftsreisenden aufgeschlagen werden, das liegt dann im Ermessen der Städte und Gemeinden.

Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Verfassungsmäßigkeit örtlicher Übernachtungssteuern erklärt der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes, Norbert Kunz: „Die Bettensteuer ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt. Ob die Bettensteuer allerdings das richtige Instrument ist, für eine nachhaltige, verlässliche und faire Finanzierung touristischer Aufgaben zu sorgen, muss bezweifelt werden. Dagegen würden die Mittel aus einer Tourismusabgabe zweckgebunden und ausschließlich für touristische und kulturelle Aufgaben aufgewendet werden. Das Urteil und seine Folgen für die Tourismusfinanzierung müssen nun sorgfältig ausgewertet werden.“

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband) und der Hotelverband Deutschland (IHA) reagierten mit Unverständnis auf das ergangene Urteil zu den so genannten Bettensteuern in den Stadtstaaten Bremen, Hamburg sowie der Stadt Freiburg im Breisgau.

„Wir sind maßlos enttäuscht über diese Entscheidung, auf die wir über sechs Jahre gewartet haben. Leider wurden dem kommunalen Steuerfindungsrecht keine Grenzen gesetzt. Es bedeutet nach den massiven Umsatzeinbrüchen durch die Corona-Pandemie einen weiteren herben Schlag für die Branche“, so die Verbände.

Das Urteil käme zu einer richtigen Unzeit.

„Wir appellieren an die Kommunen, diese Entscheidung nicht als Ermunterung zu verstehen, jetzt Bettensteuern einzuführen und die Hoteliers und Gäste mit neuen Belastungen zu konfrontieren. Die Beherbergungsbetriebe sind wichtige Leistungsträger vor Ort, sie schaffen Arbeitsplätze und machen unsere Innenstädte lebenswert. Jede Stadt muss ein vitales Interesse daran haben, dass sich die Betriebe und Innenstädte von der Pandemie erholen. Da ist es absolut kontraproduktiv in Zeiten hoher Inflation und explodierender Energiepreise jetzt über neue Belastungen der Hotels und ihrer Gäste nachzudenken“, mahnen DEHOGA und IHA.

Beide Verbände haben jahrelang gegen die Erhebung von Bettensteuern bei privaten und beruflich bedingten Übernachtungen gekämpft und drei Verfassungsbeschwerden betroffener Hoteliers begleitet und unterstützt.

Gegen die Bettensteuer geklagt hatte unter anderem auch eine Hotelbesitzerin aus Freiburg. Mit ihrer Klage ist sie nun gescheitert. Die Stadt selbst ist über die Entscheidung des obersten deutschen Gerichts erfreut.

Finanzbürgermeister Stefan Breiter dazu: „Das Bundesverfassungsgericht bestätigt den von Freiburg eingeschlagenen Weg und gibt uns und anderen Städten endlich Rechtssicherheit. Mit der Übernachtungssteuer haben wir rechtliches Neuland betreten, aber wir waren immer davon überzeugt, einen politisch und rechtlich tragfähigen Vorschlag vorgelegt zu haben, den unser Gemeinderat auch mittragen konnte“. Bürgermeister Breiter dankte der Stadtkämmerei und dem Rechtsamt für die genaue und gute rechtliche Vorbereitung. Rechtsamtsleiter Matthias Müller freut sich, dass das Bundesverfassungsgericht als oberste Instanz das rechtliche Vorgehen in Freiburg als richtig anerkannt hat und die gerichtlichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom Juni 2015 sowie des Bundesverwaltungsgerichts vom Januar 2016 bestätigt hat.

„Gemeinsam mit der Hotellerie und weiteren Akteurinnen und Akteuren haben wir sehr viele bedeutende Projekte und zahlreiche Sofortmaßnahmen für die Innenstadt auf den Weg gebracht und umgesetzt. Dass wir auch künftig gemeinsam mit den Leistungsträgerinnen und -trägern entsprechende Mittel aus der Übernachtungssteuer zur Umsetzung von Maßnahmen, die dem Tourismus, aber auch den Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommen, zur Verfügung stehen, stellt eine große Erleichterung dar und freut uns sehr“, so Hanna Böhme, Geschäftsführerin der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe (FWTM).

In Freiburg wird die Bettensteuer oder Übernachtungssteuerseit 2014 erhoben. Seitdem generierte die Stadt nach eigenen Angaben Einnahmen von insgesamt rund 19 Millionen Euro. Derzeit sind in Freiburg 351 Beherbergungsbetriebe erfasst  – davon 14 Hostels oder Jugendherbergen, 222 Ferienwohnungen, 67 Hotels und 49 Privatzimmer. Die Anzahl der zur Übernachtungssteuer angemeldeten Beherbergungsbetriebe sei in den beiden vergangenen Jahren pandemiebedingt deutlich zurückgegangen. Mit einem Anstieg sei aber wieder zu rechnen.

Mit der Übernachtungssteuer erwirtschaftet die Stadt Freiburg Einnahmen für den Haushalt und kann diese gezielt für den Tourismus verwenden.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) teilte mit, dass viele Städte und Gemeinden wegen ihrer schlechten Finanzlage dazu gezwungen seien, jede mögliche kommunale Steuer vor Ort zu erheben. Die Übernachtungssteuer belaufe sich im Regelfall auf eine Zahlung in Höhe von fünf bis sieben Prozent des Brutto-Übernachtungspreises.

pm/tm

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