Zitat Autor
Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

Newsletter Anmeldung

+ monatliche Erscheinung
+ aktuelle Themen und wichtige Termine
+ neue Unternehmensportraits und Unternehmensprofile
Datenverarbeitungshinweis*

Baupreisspirale macht den Schwarzwälder Käselaib zunichte

Es war ein ehrgeiziges Projekt, das nicht nur der genossenschaftlichen Schwarzwaldmilch ein weiteres wirtschaftliches Standbein verschaffen sollte. Touristiker erhofften sich mit der Realisierung eine hohe Ausstrahlung und damit noch mehr Gäste-Frequenz. Jetzt ist die geplante Schau-Käserei ad acta gelegt worden. Warum?
Musste die Hiobsbotschaft der Projekt-Beerdigung verkünden: Schwarzwaldmilch-Geschäftsführer Andreas Schneider. ©Screenshot_GerdLache

Von Gerd Lache | 17.12.2021

Erste Überlegungen hat es bereits 2017 gegeben. Und das war der Plan von Schwarzwaldmilch: Bau einer Käsemanufaktur im architektonischen Stil eines großen Käselaibs am Standort Titisee-Neustadt, in direkter Nähe zum dortigen Badeparadies. Es sollte einen Mehrwert für die heimischen Milchbauern, den Tourismus und die Schwarzwälder Baukultur bieten. Laut Schwarzwaldmilch-Geschäftsführer Andrea Schneider war die Käsemanufaktur ausgelegt auf eine Maximalkapazität von 1.200 Jahrestonnen sowie Käsetypiken unterschiedlicher Reifegrade von bis zu über zehn Monaten.

Die Käsesorten sollten von Hartkäse über Schnittkäse bis zu halbfestem Schnittkäse reichen und aus Weidemilch, Bio-Milch und Bio Heumilch hergestellt werden. Hinzu kommen sollten ein gastronomisches Angebot sowie ein Verkaufsmarkt, außerdem sollten die Themen Milch und Käse für die Besucherinnen und Besucher  erlebbar gemacht werden.

Die erste Verzögerung Anfang 2020 war dem damaligen Komplett-Lockdown wegen der Corona-Pandemie geschuldet. Deshalb konnte die Jury-Sitzung zur Wahl des Architekten-Siegerentwurfs erst 2021 stattfinden. Der Baubeginn wurde schließlich auf Mitte 2022 und der Produktionsstart auf Ende 2023 festgelegt.

Das war die Planung von Schwarzwaldmilch: Ein architektonischer Käselaib, der mit Produktion, Lagerung, Gastronomie und Schaukäserei auch ein touristischer Anziehungspunkt werden sollte. Die Realisierung wurde jetzt verworfen. ©Screenshot_GerdLache

Aber es ist nicht das Corona-Virus, das den Schwarzwaldmilch-Geschäftsführer zu folgender Mitteilung gezwungen hat: „Nach eingehenden internen Beratungen haben wir, gemeinsam mit dem Aufsichtsrat der Schwarzwaldmilch GmbH Freiburg, die Entscheidung getroffen, unser Projekt Käsemanufaktur nicht weiterzuführen.“

Der Grund seien die außergewöhnlichen Kostenentwicklungen seit Ende vergangenen Jahres. Der Baupreisindex (BPI) ist Schneider zufolge seit November 2020 innerhalb von neun Monaten um 14 Punkte auf einen Wert von knapp 130 gestiegen. In den drei Jahren davor habe sich der BPI lediglich  um insgesamt 9 Punkte erhöht. Baustoffe hätten sich zwischen Oktober 2020 und Oktober 2021 deutlich verteuert – so zum Beispiel Betonstahl um fast 70 und Nadelschnittholz um mehr als 90 Prozent.

Diese Entwicklung sei nicht vorhersehbar gewesen, als das Projekt Käsemanufaktur 2019 ins Leben gerufen wurde, sagt Schneider. Und auch für 2022 erwarte die Baubranche keine preisliche Entspannung. Doch schon Stand heute würden die einzusetzenden finanziellen Mittel für das Vorhaben deutlich den zu vertretbaren Punkt übersteigen. „Als genossenschaftliche Eigentümer vertrauen die Schwarzwaldmilch-Bauern zurecht darauf, dass Chancen und Risiken stets verantwortungsvoll abgewogen und Entscheidungen im Sinne der betriebswirtschaftlichen Nachhaltigkeit getroffen werden“, so der Geschäftsführer.


Die Zentrale der Schwarzwaldmilch befindet sich in Freiburg. ©Schwarzwaldmilch

Die Schwarzwaldmilch-Gruppe

… mit genossenschaftlicher Trägerschaft gehört nach eigenen Angaben landesweit zu den führenden Molkereien. Seit mehr als 90 Jahren liefern die Bauern der Region ihre Milch an die zwei Standorte Freiburg und Offenburg. Die rund 1.000 zumeist kleinen, familiengeführten Höfe sorgen mit ihren durchschnittlich 42 Milchkühen für die Qualität der Milchprodukte. Das Portfolio des Unternehmens reicht von Milch (frisch und haltbar) über Joghurts, Butter und Sauermilchprodukte bis hin zu lactosefreien Produkten – das Bio- sowie das Bio Heumilch-Sortiment sind Bioland zertifiziert. Mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in Freiburg und Offenburg beschäftigt. (pm)

https://www.schwarzwaldmilch.de/

Jetzt Newsletter abonnieren und von vielen Vorteilen profitieren!